Schallschutz vor OrtAuf dem Weg zur leisen Schiene

Mit dem Bahnprojekt Ulm–Augsburg sorgen wir nicht nur für eine gute Anbindung der Region, sondern setzen uns auch für einen wirksamen Schallschutz für die Menschen vor Ort ein.

Was ist Schallschutz?

Menschen nehmen Lautstärke und Geräusche unterschiedlich wahr: Das menschliche Ohr kann sehr kleine Veränderungen unterscheiden. Eine Verringerung des Schallpegels um 10 Dezibel, entspricht bereits einer Halbierung der Lautstärke. Mit verschiedenen Schallschutzmaßnahmen reduzieren wir den Schall dort, wo Anwohner:innen von Schienenverkehrslärm betroffen sind.

Schallschutz-Vorgaben des Gesetzgebers

Gemeinsam mit dem Bund wollen wir den Schienenverkehrslärm in Deutschland weiter spürbar reduzieren. Dafür verringern wir Lärmemissionen direkt am Entstehungsort und setzen verschiedene Schutzmaßnahmen um.

Mit der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) macht der Gesetzgeber u. a. Vorgaben zu Immissionsgrenzwerten und zur Berechnung des Beurteilungspegels für Schienenwege. Als zentrale rechtliche Grundlage enthält sie Vorgaben, mit Hilfe derer ermittelt wird, wo ein Anspruch auf Schallschutz besteht. Weitere wichtige Rechtsgrundlagen für die Lärmvorsorge an Schienenwegen sind die Paragrafen 41 bis 43 des Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und die Verkehrswege-Schallschutzmaßnahmenverordnung (24. BImSchV).

  

Mit dem 16. BImSchV hat der Gesetzgeber Grenzwerte für Immissionen für verschiedene Lebensbereiche und Tageszeiten festgelegt. Als besonders schützenswert gelten Krankenhäuser, Schulen und Wohngebiete. Werden die Grenzwerte durch eine neue Bahnstrecke überschritten, müssen Maßnahmen zur Lärmvorsorge getroffen werden. Lärm bereits vorhandener Verkehrswege wird in bestimmten Fällen ebenfalls berücksichtigt.

In Deutschland wird unterschieden zwischen der Lärmvorsorge und der Lärmsanierung. Das Prinzip der Lärmvorsorge gilt bei der Planung, d. h. beim Neubau oder einer wesentlichen Änderung eines vorhandenen Verkehrswegs. So stellen wir sicher, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Schallemissionen entstehen, die nach Stand der Technik vermeidbar sind. Bei der gesetzlichen Verpflichtung zur Lärmvorsorge haben aktive Schallschutzmaßnahmen am Gleis, wie Schallschutzwände, Vorrang vor passiven Maßnahmen, wie Schallschutzfenstern an Gebäuden. Die Lärmvorsorge ist gesetzlich vorgeschrieben, die Lärmsanierung ist ein freiwilliges Programm des Bundes, mit dem Anwohner:innen vor Lärm geschützt werden.

An der Bestandsstrecke kommt keine Lärmvorsorge in Betracht, für sie gilt eine Art Bestandsschutz. An einigen Stellen aber ist eine Lärmsanierung geplant, an anderen Abschnitten wurde sie bereits umgesetzt. Im Stadtgebiet Augsburg beispielsweise wurden aus dem Lärmsanierungspragramm Schallschutzmaßnahmen umgesetzt. Das gleiche gilt unter anderem in Neusäß, Westheim und Vogelsang und bei Dinkelscherben. An anderen Stellen wird aktuell untersucht, ob Maßnahmen realisiert werden können, zum Beispiel in Offingen. Besonders im westlichen Teil des Projektraums werden an mehreren Stellen Schallschutzmaßnahmen geplant. Eine Übersicht der Projekte gibt es auf der Lärmsanierungskarte der DB.

Warum berechnen wir den Schall? 

Dass Schall berechnet werden muss, ist gesetzlich vorgeschrieben. Außerdem können wir so bereits vor dem Bau die Schallemissionen sehr präzise kalkulieren. Im Gegensatz zur Messung, kann die Berechnung transparent nachvollzogen und reproduziert, also beliebig oft wiederholt und damit überprüft werden. Darüber hinaus können wir die Schallemissionen für viele verschiedene Punkte durchführen und Faktoren, wie die Wetterlage, die geplante Verkehrsbelastung oder Geschwindigkeiten berücksichtigen. Eine Messung hingegen wäre immer nur eine Momentaufnahme, ähnlich einem Foto. Sobald sich ein Faktor ändert (beispielsweise der Wind dreht), kommt man zu einem anderen Ergebnis.

Für die Berechnung wenden wir ein zweistufiges Verfahren an: Zunächst berechnen wir die Schallemissionen der Strecke, dann die Immissionen durch die Schallausbreitung. Durch dieses komplexe Verfahren stellen wir sicher, dass alle relevanten Einflussfaktoren berücksichtigt werden und die Berechnung dem tatsächlichen Immissionspegel entspricht.

Mehr dazu in der Präsentation „Wie berechnen wir den Schall?“. 

Berechnung Schallemissionen

Wie berechnen wir den Schall?

Grafik
  • 1.  

    Der Schallleistungspegel beschreibt die gesamte Schallenergie, die von einer Schallquelle - in unserem Fall von einem fahrenden Zug - abgegeben wird. Der Schallleistungspegel ist das, was mit dieser Formel berechnet wird. Auf Basis dessen wird ermittelt. welche Maßnahmen nötig sind, um die Grenzwerte einzuhalten.

  • 2.  
    Hier werden die Eigenschaften der Fahrzeuge berücksichtigt

  • 3. 

    In diesem Formelteil wird die Anzahl der Quellen, also der Züge, berücksichtigt. Je mehr Züge auf einer Strecke fahren, desto höher die Schallbelastung, desto wirksamer muss der Schallschutz dimensioniert werden. 
     

  • 4. 
    Hier wir der Einfluss der Geschwindikeit berechnet. Fahrzeuge, die schnell fahren sind meist lauter als solche, die langsam unterwegs sind.

    Da unterschiedliche Züge aber unterschiedlich schnell fahren, geht man von der zugelassenen fahrzeugbedingten Höchstgeschweindigkeit aus und teilt diese durch die Bezugsgeschwindigkeit von 100 km/h.

  • 5. 

    Berücksichtigt die Art der Fahrbahn und die Fahrfläche, also die Oberfläche des Gleises sowie die Pegel für Brücken und die Auffälligkeit von Geräuschen.

Parameter aus der Grafik "Wie berechnen wir den Schall?"

Unsere Maßnahmen für den Schallschutz

Beim Bau einer neuen Fernverkehrsstrecke zwischen Ulm und Augsburg reduzieren wir Emissionen durch Schienengeräusche so weit, bis wir die Grenzwerte einhalten. Welche konkreten Schallschutzmaßnahmen zum Einsatz kommen, können wir  unter Berücksichtigung der Gegebenheiten vor Ort – erst in einer späteren Projektphase entscheiden.

Aktiver Schallschutz

Aktive Schallschutzmaßnahmen mindern den Lärm direkt da, wo er entsteht – also am Zug oder Gleis.

Mehr erfahren

Passiver Schallschutz

Passive Schallschutzmaßnahmen setzen wir dann ein, wenn aktive Maßnahmen nicht ausreichen, um Emissionen deutlich zu reduzieren.

Mehr erfahren

Kombinierte Maßnahmen

Durch das Zusammenwirken verschiedener Maßnahmen, können wir oft die bestmögliche Schallschutz-Wirkung erzielen.

Mehr erfahren

Schallschutz für die Menschen vor Ort
Durch den Einsatz verschiedener Schutzmaßnahmen können wir Schallimmissionen für Anwohner:innen deutlich mindern. Unsere Planer:innen und Ingenieur:innen entwickeln die Schallschutzmaßnahmen anhand der Richtlinien und stimmen sie mit den Behörden ab. Sollten sich Kommunen oder Anwohner:innen einen Schallschutz wünschen, der über den gesetzlichen hinausgeht, ist auch das möglich. Die Kosten dafür werden aber nicht vom Projekt getragen.

Grafik
  • 1. Leisere Bremssysteme
    Auch die Bremsen eines Zuges sind ein Geräuschfaktor. Indem wir alte Graugussbremsen mit neuen Verbundstoffbremsen, den sogenannten Flüsterbremsen, ersetzen, können wir Geräusche unmittelbar an der Quelle reduzieren. Die neuen Bremsen rauen die Lauffläche der Räder nicht auf und sorgen so dafür, dass sich das Laufgeräusch der Räder um bis zu 10 dB(A) reduziert.

  • 2. Leisere Antriebe
    Mithilfe neuer hybrider Antriebstechnologie verringern wir nicht nur Emissionen und den Kraftstoffverbrauch, sondern auch Verkehrsgeräusche. Hybridlokomotiven fahren bis zu 75 Prozent ihrer Einsatzzeit elektrisch und damit deutlich leiser. 

  • 3. Niedrige Schallschutzwände
    Niedrige Schallschutzwände reduzieren aktiv die Ausbreitung von Rad-Schienen-Geräuschen. Sie sind weniger als einen Meter hoch und stehen sehr nah am Gleis. Ihr Vorteil: Sie mindern die Schallausbreitung, versperren dabei aber nicht die Sicht.

  • 4. Schienenschmieranlagen  
    Auf kurvenreichen Strecken setzen wir stationäre Schienenschmieranlagen ein. Sie vermindern das Kurvenquietschen und befinden sich direkt am Gleis. Bei der Zugdurchfahrt wird dabei ein biologisch abbaubares Schmiermittel auf die Schiene aufgetragen, welches durch den fahrenden Zug auf den Schienen verteilt wird.  

  • 5. Schienenstegdämpfer
    Schienenstegdämpfer sind Kunststoffplatten, die in kurzen Abständen entlang der Schienen montiert werden. Sie reduzieren durch das Dämpfungsmaterial die Schwingungen der Schiene und damit die Schallbelastung für die Umgebung.

  • 6. Das besonders überwachte Gleis
    In bestimmten Abschnitten kommt das „Besonders überwachte Gleis“ (BüG) zum Einsatz. Dabei messen wir den Geräuschpegel direkt an den Schienen und schleifen diese bei Bedarf. Denn durch eine glatte Oberfläche der Schienen wird das Abrollgeräusch der Räder geringer und Lärm reduziert.

  • 7. Hohe Schallschutzwände
    Die regulären hohen Schallschutzwände sind hochabsorbierend und verringern die Schallbelastung hinter der Wand besonders effektiv. Sie sind in der Regel mindestens zwei Meter hoch und werden aufgrund ihrer hohen Effizienz oft eingesetzt.

  • 8. Schallschutzfenster
    Reichen die Maßnahmen am Gleis und Fahrzeug nicht aus, können zusätzlich passive Maßnahmen an Wohngebäuden umgesetzt werden. Dazu zählt vor allem der Einbau von Schallschutzfenstern. Mithilfe der speziell aufgebauten Fenster werden Innenräume vor Verkehrsgeräuschen geschützt.

Schutzmaßnahmen gegen Erschütterungen  

Entstehen durch den Schienenverkehr spürbare Erschütterungen, werden diese gemessen und passende Schutzmaßnahmen ergriffen. So verringern wir die Ausbreitung der Emissionen.

Züge können leichte Erschütterungen verursachen, deren Schwingungen sich im Boden ausbreiten. Treffen diese beispielsweise auf eine Kellerwand, kann man das eventuell spüren oder auch hören. Darüber hinaus gibt es den Sekundärschall. Dieser entsteht, wenn sich der von einem Zug erzeugte Schall durch die Luft ausbreitet und dann auf eine Gebäudemauer trifft. Diese Schwingungen sind wiederum hörbar.

Um Anwohner:innen vor Erschütterungen zu schützen, gibt es eine rechtliche Vorgehensweise bei Genehmigungsverfahren: Mit Hilfe von vier Phasen werden durch die Richtlinie konkrete Schutzmaßnahmen ermittelt. Dafür führen wir eine Konfliktanalyse und verschiedene Messungen sowie Berechnungen durch. Im Anschluss werden Schutzmaßnahmen bestimmt, geprüft sowie hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit bewertet.

Je nachdem, wie die Messungen in unterschiedlichen Bereichen ausfallen und welche Erschütterungen vorliegen, können wir verschiedene Maßnahmen einsetzen. Durch bauliche Veränderungen bei der Schwellenbesohlung oder durch den Einsatz von Unterschottermatten können wir Emissionen reduzieren. Aber auch Isolierschlitze im Erdreich oder Maßnahmen an Gebäuden können umgesetzt werden, um die Übertragung der Erschütterungen zu verringern.

Faktencheck 

Sind noch Fragen offen? Im Faktencheck räumen wir mit Mythen und Legenden zum Schallschutz auf.

Kategorien

Behauptung
Fakt!

"Es ist nicht möglich, Lärmschutzwände auf Brücken zu installieren."

Lärmschutzwände auf Brücken sind möglich und im Einsatz.

Behauptung
Fakt!

"Ein Zug auf einer Brücke ist viel lauter als ein Zug, der ebenerdig fährt."

Diese Aussage ist pauschal nicht richtig. Vielmehr ist es so, dass durch die wellenförmige Ausbreitung von Schall die Zuggeräusche auf Brücken in der unmittelbaren Umgebung deutlich geringer wahrgenommen werden. Je höher eine Brücke ist, desto stärker ist dieser Effekt. Hat die Brücke dazu noch entsprechende Schallschutzmaßnahmen, wird der Dämpfungsaspekt noch einmal deutlich erhöht. Das früher öfter auftretende sogenannte Brückendröhnen bei Stahlbrücken gibt es bei neuen Brücken nicht mehr. Durch den Einsatz moderner Baustoffe und Dämmungskonstruktionen tritt es nicht mehr auf. 

Behauptung
Fakt!

"Dass der Lärm berechnet wird, ist eine Farce. Das hat nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Haben wir ja bei der Autobahn gesehen."

Richtig ist, dass Schall berechnet wird. Dies und auch die Berechnungsmethodik hat der Gesetzgeber festgelegt. Der Grund ist, dass Messungen immer unterschiedliche Ergebnisse ergeben. Zu viele Faktoren (Wind, Wetter, Nebel, Schnee, etc.) beeinflussen das Resultat. Jedoch gibt es einen Unterschied zwischen Gleisen und Straßen. Bei Zügen weiß man, welche Zugart mit welcher Geschwindigkeit wie oft pro Stunde unterwegs ist. Beim motorisierten Individualverkehr (LKW, PKW) weiß man das nicht, kann es auch nicht berechnen, sondern höchstens prognostizieren. Dazu kommt, dass bei der Berechnung mit einer fixen Geschwindigkeit gerechnet wurde, schallintensive Beschleunigungs- und Bremsmanöver wurden nicht berücksichtigt.

 

Leise unterwegs: Mehr Schallschutz mit der Deutschen Bahn

Ein wichtiges Ziel unserer Grünen Transformation: Alle betroffenen Anwohner:innen von Schienenverkehrslärm entlasten. Dafür stellen wir den Menschen in den Mittelpunkt unserer Lärmschutzziele 2030/2050 und reduzieren mit zahlreichen Schallschutzmaßnahmen vor Ort und an der Quelle Lärm.